Der Gedanke sich zu spezialisieren oder zu kooperieren wird im Handwerk schon seit Jahren gepredigt. Doch oft wissen vor allem kleine Betriebe ihre Spezialisierung nicht zu definieren und als großes Plus zu nutzen. Um eine Kooperation einzugehen fehlt es oft an geeigneten Partnern oder gute Gruppen sind schon besetzt. Doch auch der Einzelunternehmer kann Wettbewerbsvorteile ergattern.
„Du hast oder machst etwas, was keiner hat“ – so bringt man Spezialisierung auf den Punkt. Ein Alleinstellungsmerkmal ist in jeglicher Hinsicht ein klarer Vorteil. Vorausgesetzt man erkennt ihn und setzt diesen Nutzen um. Nur in den seltensten Fällen ist es so, dass es sich bei Alleinstellungsmerkmalen um Produkte handelt.
Denn kaum ein Produkt wird nicht von der Industrie hergestellt und verschwindet in unzähligen Vertriebskanälen, die sich letztendlich direkt konkurrieren. Dies trifft mittlerweile auch auf die meisten individuelle Maßanfertigungen zu. Der Vorteil dabei ist die gute Qualität, aber die Spezialisierung bleibt auf der Strecke. Nur wer etwas ganz außergewöhnliches oder extrem seltenes anzubieten hat, kann mit einem Produkt an den Markt herantreten und es ohne Preisdruck anbieten. Eine wahre Luxussituation, die bei Erfolg oft schnell kopiert wird. Doch was machen all die unzähligen Schreiner, Glaser, Heizungsbauer, Baudekorateure, Maler, Monteure, Bauelementehändler usw. die nicht die einmalige, unverwechselbare Idee haben?
Spezialisieren bedeute heute sein Unternehmer auf dem Markt so zu platzieren, dass es unverwechselbar erscheint. Folglich gibt es viel mehr Ansatzpunkte für Besonderheiten, als nur die Produkte.
Querdenken und einen objektiven Blick auf das eigene Unternehmen zu werfen, ist durch die schleichende „Betriebsblindheit“ gerade für Traditionsbetriebe sehr schwierig.
Wie kann ein kleines Unternehmen seine Alleinstellungsmerkmale finden?
Laden sie sich 10 bis 20 Personen aus dem privaten Umfeld ein, die nach Möglichkeit bestenfalls wissen, in welcher Branche sie tätig sind. Solche Personen finden sie beispielsweise über Kontakte von Verwandten und Freunde (Beispiel: Arbeitskollegen der Schwester, Freunde der Nachbarn usw.). Lassen sie die Gruppe in gemütlichen Ambiente über Vorurteile, Probleme und Erfahrungen ihrer Branche plaudern. Treten sie als Gastgeber und Moderator auf und geben sie keinerlei Einschätzung und Wertung ab. Stellen sie gezielte Fragen in die Runde. Beispiele: Welche positiven und negativen Erfahrungen es mit Handwerkern gab, was wünscht man sich von einem Handwerker, wo sucht man nach geeigneten Handwerkern, unter welchen Umständen ist man bereit auch mehr für eine Handwerkerleistung zu zahlen usw..
Es ergeben sich ganz automatisch neue Eindrücke, die der erste Grundstein (Engpässe der Kunden erkennen) für eine Spezialisierung sind. Oftmals ergeben sich von selber Querdenkprozesse bzw. die Gesprächsrunde kommt mit Vorschlägen. Nicht selten heißt es dann plötzlich: „Es wäre doch total praktisch und interessant, wenn es einen Handwerker geben würde, der…!“
Leider ist es oft so, dass es extrem teuer und zeitaufwendig ist, eine Spezialisierung voranzutreiben. Schließlich müssen sie sich alles selber stricken. Spätestens wenn es darum geht, dass sie ihre Idee Publik machen möchten, bedarf es Hilfe. Lieferanten machen für Kleinbetriebe nur das bekannte Allzweck-Programm und für professionelles Marketing reicht das eigene Budget oftmals nicht aus.
Schon stellt sich die Frage: „mit wem kann ich kooperieren?“ Die Kooperation an sich ist zumeist der günstigere, aber mindestens genauso zeitaufwendige Weg.
Wo findet man Kooperationen für Handwerker?
Dieses Problem ist in der Tat nicht ganz einfach. Wirklich gute Kooperationen sind nahezu immer exklusiv. Dies bedeutet, dass man nur Eintritt erhält, wenn man bereits sehr erfolgreich ist. Für kleine und vor allem sehr junge Unternehmer, beißt sich hier die sprichwörtliche Katze in den Schwanz. Deshalb bleiben für kleine Unternehmen oftmals nur junge Gemeinschaften, die zum Beispiel in einer Region oder mit einem bestimmten Hintergrund agieren.
Die Zahl der Handwerker-Kooperationen ist in 2009 sprunghaft angestiegen. Jedoch scheitern sehr viele im Ansatz wieder. Der personifizierte Motor und zu knapp bemessenes Kapital lassen die Gruppen oftmals schnell zerspringen.
Wer clever ist, sucht nicht nur in der gleichen, sondern in verwandten Branchen. Hier ist es vor allem für kleine Betriebe interessant Nutzen zu bieten und somit den Horizont der Gruppe zu erweitern. Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Sie bieten Alarmanlagen an und sie denken an eine Kooperation für Einbruchschutz. Natürlich ist das sinnvoll, aber es werden Konkurrenzsituationen entstehen, die sie nicht wirklich weiter bringen. Kooperieren sie lieber mit Gemeinschaften, denen sie sofort einen Nutzen bieten. Zum Beispiel in der Branche Kunst. Dort wo Dinge den Menschen lieb und teuer sind, sehnt man sich nach jemanden, der die Sachen sichert.
Ein hilfreiches Mittel, um entsprechende Gruppen zu finden ist die Internetplattform XING. Nicht nur, dass es zu jeder Branche mindestens eine Gruppe gibt (Beispiel: „erfolgreiche Handwerker“), sondern man hier schnellen und direkten Kontakt zu Leuten aus den unterschiedlichsten Netzwerken ermöglicht. Mit jedem Kontakt spinnt sich ein Faden des eigenen Netzwerks weiter und man erhält neue Ansätze. Nach wie vor ist die Plattform von Handwerkern nicht erobert, dies bringt große Chancen sich Vorsprung zu erarbeiten.
Optimal ist die Spezialisierung gepaart mit eine höchst professionelle Kooperation
Dies hat man in vielen Branchen (z.B. Fast-Food) schon lange erkannt und Franchise-Systeme beherrschen große Marktanteile. Im Handwerk machten es bislang fast ausschließlich die Nischen vor, wie man mit diesem Geschäftsmodell erfolgreich sein kann.
Doch Franchise im Handwerk wird immer interessanter, auch für gängige Branchen. Die angebotenen Geschäftsmodelle bieten spezielle Produkte, Alleinstellungsmerkmale oder bestimmte Marktauftritte, die bereits erfolgreich erprobt wurden. „Ein Franchise-System muss mit einem eigenen Pilotbetrieb nachweisen können, dass die Idee praktikabel und rentabel ist“, sagt Holger Heinemann von den Fensterspezialisten der Franchise-Kooperation „ReklAr“.
Die Zahlen sprechen klar für die Franchisebranche. Sowohl die Anzahl der Geber, als auch der Nehmer sind in den letzten 10 Jahren genauso ununterbrochen gestiegen wie die Beschäftigtenzahl und die Umsatzentwicklung. Auch die Prognosen stehen klar auf Wachstum, wie der Präsident des Franchiseverbandes Dr. Dieter Fröhlich in der aktuellsten Studie aufzeigt: „Franchising ist ein enorm wachsender Wirtschaftszweig und eine der erfolgreichsten Vertriebsformen der Gegenwart. Franchising wird auch in Zukunft den Wirtschaftsstandort Deutschland wesentlich mitbestimmen!“
Diese Nachrichten freut auch den Bundeswirtschaftminister Dr. Karl-Thedor von und zu Guttenberg. Zuletzt von negativen Nachrichten überhäuft, findet er in der Juni-Ausgabe der DFV-Depesche an den guten Nachrichten Gefallen: „Die veröffentlichten Zahlen zur Franchise-Wirtschaft verdeutlichen die beeindruckende Entwicklung, die Franchising in Deutschland vollziehen konnte. Diese Kooperations- bzw. Vertriebsform hat sich in Deutschland etabliert!“ „Franchise im Handwerk wird in Zukunft eine große Rolle spielen. Ein gutes System ist flexibel, bietet Sicherheiten, bessere Verdienstmöglichkeiten und Kunden werden vorbildlich bedient. Die Dienstleistung und der Service werden verstärkt. So wie man es von einem Handwerker im Jahr 2009 erwartet“, ergänzt Holger Heinemann.